UMGANG MIT DEM STRUKTUR- BRUCH Musterklauseln

UMGANG MIT DEM STRUKTUR- BRUCH. In den 1990er Jahren verließen viele junge Leute – ins- besondere Frauen und Menschen mit höheren Berufs- abschlüssen – die Region auf der Suche nach einem Arbeitsplatz und einer besseren Lebensperspektive. In der Folge kam es zu einer Überalterung der verbliebe- nen Bevölkerung, die bis heute sichtbar ist. Allerdings drehte sich der Wanderungssaldo etwa ab 2009 und es war eine leichte Nettozuwanderung in die Region festzustellen. In den kommenden Jahrzehnten könnte die Einwohnerzahl vor allem in den ländlichen Räumen jedoch weiter schrumpfen (DEBRIV 2018; RWI 2018). In Städten wie Zeitz stehen viele Häuser leer oder wer- den abgerissen. Die Jüngeren, die dageblieben sind, verschoben oft aus sozialer Unsicherheit eine Familiengründung. Auch wenn inzwischen wieder mehr Kinder im Revier geboren werden, fehlt eine Generation junger Erwach- sener, die die Gemeinden mit Leben füllen könnte. Hinzu kommt, dass es an Betreuungs- und Gesund- heitseinrichtungen, Einkaufsläden, Gaststätten und anderen Möglichkeiten, sich zu treffen, mangelt. Die Infrastruktur ist weder auf die alternde Bevölkerung noch auf die wachsenden Kinderkohorten eingestellt. Nicht wenige Menschen haben sich eine ökonomische Existenz aufgebaut, die aber prekär bleibt. Kleinge- werbe und Handwerksbetriebe kämpfen mit unsiche- DIE MITTELDEUTSCHE REGION – EIN POLITISCHES PORTRÄT‌ ren Bedingungen und haben oft Probleme mit der Be- triebsnachfolge. Die Menschen gingen – nicht zuletzt milieuabhän- gig – mit den gesellschaftlichen Umbrüchen subjektiv ganz unterschiedlich um. Auch in der Mitteldeutschen Region finden sich leistungsorientierte Aufsteiger*in- nen und neue Eliten, zufriedene Facharbeiter*innen und hedonistische Jugendmilieus sowie – vor allem in den Großstädten – bildungsbürgerliche, weltoffe- ne und gesellschaftskritische Milieus. Sie reagieren oft flexibler und optimistischer auf gesellschaftliche Ver- änderungen (Vester 1995). Und dennoch: Insbesondere in den kleinbürgerli- chen, traditionellen und sozial prekären Milieus ist die vorherrschende Stimmung im Revier weiterhin durch Verunsicherung, Frustration und Vergeblichkeit ge- prägt. Viele Menschen haben die Hoffnung aufgege- ben, dass sich noch etwas zum Positiven wendet. Ih- nen fehlt der Mut, selbst Visionen zu entwickeln und zu verfolgen. Sie fühlen sich abgehängt und benach- teiligt. Sie misstrauen den Politiker*innen, die die ver- breitete Erwartung enttäuscht haben, dass der Staat Lösungen für die Probleme der Bürger*innen anb...